Humboldt-Universität zu Berlin - Praktische Philosophie/Ethik

Wintersemester 2006/07

Thomas Schmidt
VL Apriorisches Wissen (b, d, LA/S1)
Veranst.-Nr. 51008
UL 6, 3059; ab Fr., 20.10.06, wöchtl. 10-12 Uhr

Apriorisches Wissen ist von der Erfahrung unabhängiges Wissen. Schon diese einigermaßen unspezifische Bestimmung erklärt, warum der Begriff apriorischen Wissens in der philosophischen Tradition wie auch in der gegenwärtigen Erkenntnistheorie ebenso intensiv wie kontrovers diskutiert wurde und wird. Denn: Wie, und mit Bezug auf welche Erkenntnisbereiche, sollte apriorisches Wissen möglich sein? Und wenn apriorisches Wissen unmöglich ist – würden dann nicht alle Bereiche respektabler Bemühungen um Erkenntnis in die Zuständigkeit der empirischen Wissenschaften fallen? (Und welche Aufgaben verblieben dann bei der Philosophie?) In dieser Vorlesung werden unterschiedliche Konzeptionen apriorischen Wissens vorgestellt und diskutiert. Gleichzeitig bietet die Vorlesung eine Einführung in grundlegende erkenntnistheoretische Begriffe, Problemstellungen und Positionen.


PS Entscheidungstheorie. Einführung und philosophische Anwendungen (c, d, LA/S1)
Veranst.-Nr. 51031
DOR 24, 1.405; ab Fr., 20.10.06, wöchtl. 14-16 Uhr

In der Entscheidungstheorie versucht man, Kriterien zu formulieren und zu begründen, anhand derer individuelle und kollektive Entscheidungen relativ zu den jeweiligen individuellen Präferenzen als vernünftig (rational) ausgewiesen werden können. Ziel dieses Proseminars ist es, eine Einführung in grundlegende entscheidungstheoretische Begriffe und Denkweisen zu geben sowie einen Eindruck davon zu vermitteln, auf welche Weise entscheidungstheoretische Methoden in der Ethik, in der Theorie praktischer Rationalität und in der politischen Philosophie eingesetzt werden können. Hierbei werden auch die Grenzen der entscheidungstheoretischen Modellierbarkeit von Entscheidungssituationen zu besprechen sein.

Literatur:
Die im Seminar behandelte und weitere Literatur steht ab Semesterbeginn in einem Handapparat zur Verfügung bzw. wird in der ersten Sitzung angegeben. – Als Einführung geeignet: M. D. Resnik: Choices, Minneapolis/London: University of Minnesota Press 1987; J. Nida-Rümelin/T. Schmidt: Rationalität in der praktischen Philosophie. Eine Einführung, Berlin: Akademie Verlag 2000


HS Positive und negative Pflichten (c, d)
Veranst.-Nr. 51072
UL 6, 3088 a+b; ab Mi., 18.10.06, wöchtl. 10-12 Uhr

Negative Pflichten sind Pflichten der Nichteinmischung (etwa die Pflicht, die körperliche Unversehrtheit anderer nicht zu beeinträchtigen), während als wichtigstes Beispiel für positive Pflichten meist Hilfspflichten genannt werden. Ist diese Unterscheidung moralisch bedeutsam? Viele sehen dies so und meinen, dass Verletzungen negativer Pflichten moralisch schwerwiegender sind als Verletzungen positiver Pflichten. Andere, vor allem Konsequentialisten, widersprechen dieser Sichtweise. In diesem Seminar werden wir uns anhand der Diskussion neuerer (vornehmlich englischsprachiger) Beiträge mit der Frage auseinandersetzen, wer die besseren Argumente auf seiner Seite hat -- einer Frage, die keineswegs von bloß akademischem Interesse ist: Sie hängt unter anderem unmittelbar mit der Problematik der moralischen Bewertung von Akten des Tötens und des Sterbenlassens zusammen.


KO Praktische Philosophie/Ethik (c)
Veranst.-Nr. 51073
UL 6, 3103; ab Do., 19.10.06, wöchtl. 16:15-18:30 Uhr

Dieses Kolloquium richtet sich vor allem an Studierende unmittelbar vor dem Examen und an Promovierende. Es bietet ein Forum zur Diskussion im Entstehen begriffener eigener philosophischer Arbeiten, vornehmlich auf dem Gebiet der praktischen Philosophie.

Anmerkungen:
Die Teilnahme kann nur nach persönlicher Rücksprache vor Semesterbeginn ermöglicht werden.



Norbert Anwander
PS Peter Singer: Praktische Ethik (c, d, LA/S1)
I 110; ab Mi., 18.10.06, wöchtl. 12-14 Uhr

Peter Singers Praktische Ethik hat bei ihrem ersten Erscheinen vor gut 25 Jahren grosse Kontroversen ausgelöst, insbesondere im deutschsprachigen Raum. Mittlerweile haben sich die Wogen etwas geglättet, und es ist möglich geworden, das Buch als das zu lesen, was es in erster Linie ist: eine ausgezeichnete und gerade für Studienanfänger sehr geeignete Einführung in die Angewandte Ethik. Neben den medizin- und bioethischen Themen, deren Diskussion am meisten Aufmerksamkeit erhalten hat, befasst sich Singer u.a. auch mit der Weltarmut und Fragen der Einwanderungspolitik. Das Proseminar wird ausreichend Gelegenheit bieten, uns sowohl mit Singers prägnanten Einzelthesen als auch generell mit der utilitaristischen Perspektive, aus der er ethische Fragen behandelt, kritisch auseinanderzusetzen.

Literatur:
Zur Anschaffung empfohlen: Peter Singer, Praktische Ethik, 2. revidierte und erweiterte Ausgabe, Stuttgart (Reclam) 1994.


PS Moralische Pflichten und moralische Rechte (c, d, LA/S1)
I 110; ab Do., 19.10.06, wöchtl. 10-12 Uhr

Sich mit den moralischen Grundbegriffen auszukennen ist für jede sinnvolle Diskussion über moralische Fragen unerlässlich. Dieses Proseminar bietet eine systematische Einführung in das Vokabular von moralischen Pflichten und moralischen Rechten. Wir werden damit beginnen, was unter einer Pflicht zu verstehen ist, und verschiedene wichtige Unterscheidungen kennen lernen, z.B. negative Pflichten vs positive Pflichten, vollkommene Pflichten vs unvollkommene Pflichten, freiwillige Pflichten vs unfreiwillige Pflichten, generelle Pflichten vs spezielle Pflichten. Als zweites werden wir uns der Analyse eines moralischen Rechts zuwenden und uns wiederum mit den wichtigsten Unterscheidungen vertraut machen. Schliesslich werden wir uns mit dem Verhältnis von Pflichten und Rechten auseinandersetzen: In welchem Sinn gehen Rechte immer mit Pflichten einher, und warum gilt nicht umgekehrt, dass wo Pflichten bestehen, auch immer Rechte vorliegen? Die Konzepte, Unterscheidungen und Zusammenhänge werden im Proseminar anhand einschlägiger Texte erarbeitet und jeweils an konkreten Beispielen verdeutlicht.
Die im Seminar behandelte und weitere Literatur steht ab Semesterbeginn in einem Handapparat zur Verfügung bzw. wird in der ersten Sitzung angegeben.

Literatur:
Onora O’Neill, “Duty and Obligation”, in Encyclopedia of Ethics, 2nd ed., vol. 1, ed. by Lawrence C. Becker and Charlotte B. Becker, London (Routledge), S. 423-428; L. W. Sumner, „Rights“, in The Blackwell Guide to Ethical Theory, ed. by Hugh LaFollette, Oxford (Blackwell) 2000, S. 288-305.