Humboldt-Universität zu Berlin - Philosophische Anthropologie

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Kommentiertes Verzeichnis der Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2015/16

 

 

CO Philosophisches Kolloquium / Philosophical Colloquium

Geert Keil

Veranstaltungsnummer 51 080

UL 6, 3103; ab Do., 15.10.2015, wöch. 10-13 Uhr

 

Das Kolloquium wendet sich an Masterstudierende und Doktoranden. Es bietet ein Forum zur Diskussion im Entstehen begriffener eigener Arbeiten und zur gemeinsamen Lektüre aktueller Forschungslite­ratur. Es wird mehrere thematische Schwerpunkte geben, die in der ersten Sitzung gemeinsam festgelegt werden. Wer teilnehmen möchte, melde sich bitte bei kerstin.helf@hu-berlin.de an. an.

 

 

PS Umweltethik und intergenerationelle Gerechtigkeit

Sebastian Knell

Veranstaltungsnummer 51 020

DOR 24, 1.406; ab Di., 13.10.2015, wöch. 12-14 Uhr

 

Die Umweltethik befasst sich mit der Frage, inwieweit uns die moralische Pflicht obliegt, unsere natürliche Umwelt zu schützen, und wodurch diese Pflicht begründet ist. Sogenannte physiozentrische Ansätze gehen davon aus, dass der Erhaltung der Umwelt ein Wert zukommt, der nicht allein auf menschlichen Interessen basiert. Anthropozentrische Ansätze hingegen führen die Pflicht zur Bewahrung der Natur vollständig auf die Interessen menschlicher Individuen zurück, die eine intakte Umwelt beispielsweise als ökonomische Ressource benötigen oder als Ort der Entspannung wertschätzen. Diese unterschiedlichen Ansätze werden im Mittelpunkt des ersten Teils des Seminars stehen. Umweltschutzmaßnahmen dienen nicht zuletzt dem Ziel, die ökologischen und ökonomischen Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu schützen. Damit wird die Umweltethik zum Bestandteil einer Ethik der Verantwortung für zukünftige Generationen. Im zweiten Teil des Seminars werden unterschiedliche mögliche Lesarten dieser Verantwortung diskutiert. Insbesondere soll dabei geklärt werden, inwiefern die Pflicht zur Bewahrung der Umwelt durch die Zielsetzung begründbar ist, Gerechtigkeit zwischen gegenwärtigen und zukünftigen Generationen herzustellen.

 

 

PS Descartes, Moore und Wittgenstein über Gewissheit

Sebastian Knell

Veranstaltungsnummer 51 021

UL 6, 2093; ab Di., 13.10.2015, wöch. 16-18 Uhr

 

Das Streben nach Gewissheit und die systematische Ausschaltung möglicher Zweifel und Irrtümer zählen zu den zentralen erkenntnistheoretischen Orientierungen der neuzeitlichen Philosophie. Descartes hat dieses Paradigma in seinen Schriften zur generellen methodischen Devise wissenschaftlicher Rationalität erhoben. Im Fahrwasser des Ideals unumstößlicher Gewissheit sind zugleich hartnäckige skeptische Problemstellungen, wie z. B. der radikale Zweifel an der Existenz der Außenwelt, in den Fokus des philosophischen Interesses gerückt. Im zwanzigsten Jahrhundert haben George E. Moore auf der einen und Ludwig Wittgenstein auf der anderen Seite Versuche unternommen, diese skeptischen Implikationen als irrig zu erweisen. Insbesondere bei Wittgenstein verbindet sich damit zugleich die Zielsetzung, den Status von Gewissheiten innerhalb des Systems unserer Überzeugungen neu zu bestimmen. Im Proseminar werden wir ausgewählte Textabschnitte aus Werken der drei genannten Autoren lesen und kritisch diskutieren.

 

Literatur:

- René Descartes, Meditationen, 1. und 2. Meditation, sowie Diskurs über die Methode, Abschnitt 1 und 2
- G. E. Moore, die Aufsätze „Eine Verteidigung des Common Sense“ sowie „Beweis einer Außenwelt“
- Ludwig Wittgenstein, Über Gewissheit

 

 

HS Intentionalität, Sprache und der Geist nicht-sprechender Wesen

Sebastian Knell

Veranstaltungsnummer 51 057

DOR 24, 1.406; ab Do., 15.10.2015, wöch. 14-16 Uhr

 

Die Vorstellung, Intentionalität setze Sprachfähigkeit voraus, und ein Wesen müsse folglich ein Sprecher sein, um etwas glauben, wünschen oder denken zu können, hat innerhalb des philosophischen Diskurses vor allem im Zuge des „linguistic turn“ Verbreitung gefunden. Zum einen wird sie in eher suggestiver Form durch die systematische Hinwendung zur Sprache nahegelegt, bei der klassische erkenntnistheoretische und metaphysische Problemstellungen, die das Verhältnis von Geist und Welt betrafen, in Fragen hinsichtlich der Relation von Sprache und Welt transformiert wurden. Zweitens finden sich bei Autoren wie Donald Davidson oder Robert Brandom gezielte Argumente, die ihrer Verteidigung dienen. Der begriffsanalytisch begründeten These, nur ein linguistischer Akteur sei imstande, intentionale Zustände zu haben, steht andererseits die verbreitete Praxis entgegen, auch sprachunfähigen Wesen intentionale Zustände wie Überzeugungen und Absichten zuzuschreiben. Wir sagen etwa von einem Hund, der im Garten einer Katze nachsetzt, dass er die Katze verscheuchen will; ebenso sind wir geneigt, einem Frosch, der nach einer Libellenattrappe schnappt, die Überzeugung zuzuschreiben, vor ihm fliege eine Libelle. Diese gängige Redepraxis – so der naheliegende Einwand – belegt, dass sich die Begriffe des Glaubens und des Beabsichtigens keineswegs an Kriterien orientieren, die implizieren, dass entsprechende intentionale Zustände allein von sprachfähigen Wesen prädizierbar sind. Im Seminar wollen wir uns anhand einiger älterer sowie einiger neuerer Diskussionsbeiträge einen Überblick über den Stand dieser Kontroverse verschaffen.

 

 

HS Leben, Handeln und soziale Praxis. Lektüreseminar zu Michael Thompson, Donald Davidson und Daniel Dennett

Sebastian Knell

Veranstaltungsnummer 51 081

UL 6, 3103; ab Fr., 16.10.2015, wöch. 14-17 Uhr

 

Einer der originellsten und innovativsten Beiträge zur zeitgenössischen Philosophie ist das Buch Leben und Handeln des amerikanischen Philosophen Michael Thompson, das von Teilen der Zunft bereits als Meilenstein gefeiert wird. Es enthält eine begriffliche Stufentheorie organismischer Lebensvollzüge, intentionalen Handelns und sozialer Praktiken, die in systematischer Hinsicht an die aristotelische Ontologie anknüpft. Zugleich bedient sich dieser konzeptuelle Entwurf einer durch Freges Analysen informierten Theorie der logischen Form. Die Untersuchung mündet unter anderem in die These, dass sich die Sphäre des Lebendigen auf eine begrifflich fundamentale Weise von der physikalisch-chemischen Welt unterscheidet. Nicht erst die Grenze zwischen Körper und Geist, sondern bereits die zwischen Unbelebtem und Belebtem beinhaltet danach einen logisch irreduziblen kategorialen Bruch. Ebenso überraschende Ergebnisse liefern Thompsons Analysen auf den Gebieten der Handlungstheorie, der Ethik und der Sozialphilosophie. Im Seminar wollen wir diesen philosophisch bedeutsamen Text sowohl einer gründlichen gemeinsamen Lektüre als auch einer sorgfältigen kritischen Diskussion unterziehen. Zusätzlich werden wir einige Aufsätze von Davidson und Dennett in die Lektüre mit einbeziehen, um das Verhältnis von Thompsons Ansatz zu zeitgenössischen Theorien der Sprachinterpretation und der Intentionalität zu klären.

 

 

PS Tugendethik / Virtue Ethics

Nora Kreft

Veranstaltungsnummer 51 022

UL 6, 2093; ab Di., 13.10.2015, wöch. 18-20 Uhr

 

Neben konsequenzialistischen und deontologischen Moraltheorien wird die Tugendethik oft als dritte Alternative zur Bestimmung und Begründung von moralischem Verhalten eingestuft. An Aristoteles anschließend meint die Tugendethik, dass der Inhalt der Moral und / oder ihre Normativität von einer Konzeption des guten Lebens abgeleitet werden können. Die Konzeption des guten Lebens wiederum stützt sich auf eine Theorie der menschlichen Natur: Wenn wir wissen, was es bedeutet, menschlich zu sein, können wir bestimmen, was ein gutes menschliches Leben ist – oder anders ausgedrückt, was menschliche Tugenden sind. Und im letzten Schritt dann auch, was ein moralisches Leben ist. So das Projekt. In diesem Seminar lesen wir zunächst klassische Texte von den Begründerinnen der modernen Tugendethik – Elizabeth Anscombe, Philippa Foot, Iris Murdoch. Danach schauen wir uns die derzeitige Debatte an und lesen AutorInnen wie John McDowell, Martha Nussbaum, Rosalind Hursthouse et al.

Literatur zur Vorbereitung: Hursthouse, Rosalind, ‘Virtue Ethics’, The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Fall 2013 Edition); Anscombe, Elizabeth, ‘Modern Moral Philosophy’, Philosophy, Vol. 33, 1958

 

 

HS Iris Murdoch

 

Nora Kreft

Veranstaltungsnummer 51 058

UL 6, 1070; ab Mi., 14.10.2015, wöch. 14-16 Uhr

 

Iris Murdoch wird zu den Begründerinnen der modernen Tugendethik gezählt. Anders als Elizabeth Anscombe und Philippa Foot bezieht sie sich aber in ihrer Moraltheorie nicht vornehmlich auf Aristoteles, sondern eher auf Platon. Ähnlich wie Platons Sokrates meint sie, dass wir gerecht handeln, sobald wir eingesehen haben, was Gerechtigkeit ist. Weiterhin argumentiert sie, dass wir dann einsehen, was gerecht ist, wenn wir die Schleier von selbstbezogenen Fantasien ablegen, die meist unsere Sicht verhüllen. Was das genau bedeutet und wie wir diese Schleier ablegen, versucht sie sowohl in philosophischen Essays und Dialogen, als auch in Romanen zu beschreiben. Deshalb lesen wir in diesem Seminar ausgewählte philosophische und auch literarische Texte von Iris Murdoch.

Literatur zur Vorbereitung: Murdoch, Iris, The Sovereignty of Good