Humboldt-Universität zu Berlin - Praktische Philosophie/Ethik

Sommersemester 2007

Thomas Schmidt
VL Moralische Fehler (c, d, LA/S1)
Veranst.-Nr. 51009
UL 6, 3094/96; ab Do., 19.04.07, wöchtl. 14-16 Uhr

Es kann wohl kaum bestritten werden, dass wir alle manchmal moralische Fehler machen. Wir nehmen moralische Fehler zum Anlass für moralische Vorwürfe und für Entschuldigungen; nicht selten meinen wir, dass derjenige, der moralisch vorwerfbar gehandelt hat, eben deswegen unter spezifischen Pflichten der Wiedergutmachung steht; und manchmal sind wir, wie es scheint, deswegen von bestimmten moralischen Pflichten dispensiert, weil andere uns gegenüber nicht moralisch einwandfrei gehandelt haben. – Rückt man das Faktum moralischer Fehler in den Vordergrund der Beschreibung des Moralischen, so eröffnet sich ein reichhaltiges Feld an moralischen Phänomenen, das Anlass zu einer ganzen Reihe moralphilosophischer Fragen gibt: Unter welchen Bedingungen ist es angemessen, Personen für ihr Tun moralisch verantwortlich zu machen? Wie funktionieren Entschuldigungen und das Verzeihen? (Wie) ändern sich unsere moralischen Pflichten im Lichte eigener moralischer Fehler sowie angesichts moralischer Fehler anderer? etc. – Der Begriff moralischer Fehler ist philosophisch überaus fruchtbar, und die Vorlesung wird Fragen der genannten Art in der Absicht nachgehen, allgemeine Einsichten über das Wesen der Moral zu gewinnen. Ungeachtet dieses systematischen Anliegens ist sie auch als Einführung in die philosophische Ethik konzipiert.

PS Willensfreiheit (c, d, LA/S1)
Veranst.-Nr. 51032
DOR 24, 1.406; ab Fr., 20.04.07, wöchtl. 10-12 Uhr

Die Frage, ob Willensfreiheit und Determinismus miteinander vereinbar sind, wurde und wird in der Philosophie intensiv diskutiert – und dies nicht erst, seit Hirnforscher im Lichte ihrer empirischen Resultate bezweifeln, dass wir einen freien Willen haben. Anhand der Diskussion ausgewählter Texte der Philosophie des 20. Jahrhunderts werden wir uns mit zentralen der in diesem Zusammenhang sachlich einschlägigen Positionen und Argumente auseinandersetzen.

HS Markt und Moral (c)
Veranst.-Nr. 51074
DOR 24, 1.406; ab Mi., 18.04.07, wöchtl. 10-12 Uhr

Es ist nachvollziehbar, warum viele – vor allem Ökonomen – den Markt für einen faszinierenden Mechanismus der Güterallokation halten: Die Freiheiten der einzelnen werden nur durch die Freiheiten der anderen beschränkt, und das geregelte Funktionieren des Marktes erfordert im Idealfalle keine planenden Eingriffe; vielmehr sorgt der Markt vermöge eines Mechanismus der ?unsichtbaren Hand? (A. Smith) quasi automatisch für Ergebnisse, die in dem Sinne optimal sind, dass niemand besser gestellt werden kann, ohne dass mindestens eine andere Person schlechter gestellt wird. Indes: So nachvollziehbar die Faszination des Marktes auch sein mag, so wenig sollte man sie zum Anlass nehmen, den Markt unumschränkt für ein moralisch akzeptables Verfahren der Güterallokation zu halten. Denn dies ist er ganz offenbar nicht. (Eine Reihe von Gütern sollten, wie es scheint, der Allokation durch den Markt von vorneherein entzogen bleiben.) Angesichts dessen kann man fragen: Welche Eigenschaften des Marktes machen ihn aus moralischer Sicht zu einem attraktiven Allokationsmechanismus? Welche Eigenschaften lassen ihn als moralisch problematisch erscheinen? Und was lässt sich darüber sagen, welche Güter eher durch den Markt alloziert werden sollten und welche nicht? Mit Fragen dieser Art werden wir uns in diesem Seminar beschäftigen. (Hierbei werden wir uns unter anderem mit wirtschaftswissenschaftlichen Texten beschäftigen – dies jedoch aus philosophischer Perspektive und so, dass ökonomische Vorkenntnisse nicht erforderlich sind.)

KO Praktische Philosophie/Ethik (c)
Veranst.-Nr. 51075
UL 6, 3103; ab Do., 19.04.07, wöchtl. 16-18:30 Uhr

Dieses Kolloquium richtet sich vor allem an Studierende unmittelbar vor dem Examen und an Promovierende. Es bietet ein Forum zur Diskussion im Entstehen begriffener eigener philosophischer Arbeiten, vornehmlich auf dem Gebiet der praktischen Philosophie.


Norbert Anwander
PS David Humes Moralphilosophie (c, d, LA/S1)
Veranst.-Nr. 51015
DOR 24, 1.404; ab Do., 19.04.07, wöchtl. 14-16 Uhr

Die Moralphilosophie von David Hume (1711-1776) zeichnet sich nicht nur durch große Originalität gegenüber den Vorläufern aus, sie ist auch für die gegenwärtige Diskussion einer der wichtigsten Referenzpunkte. Hume bietet eine naturalistische Erklärung der Moral, die wie seine übrige Philosophie in einer empirischen Wissenschaft vom Menschen gründet. Berühmt geworden sind seine Thesen, dass die Vernunft allein den Willen nicht zu motivieren vermöge, sondern diese vielmehr Sklavin der Leidenschaften sei; dass deshalb auch die Moral nicht als eine Sache der Vernunft gelten könne, sondern auf Gefühle zurückzuführen sei. Dass aus einem Sein kein Sollen gefolgert werden kann, wird häufig schlicht als Humesches Gesetz bezeichnet. Im Proseminar werden wir anhand einer genauen Lektüre der Bücher II und III von Humes A Treatise of Human Nature (1739/40) untersuchen, was es mit diesen moralpsychologischen und metaethischen Thesen auf sich hat und wie sie begründet werden. Weitere Schwerpunkte bilden die nicht minder einflussreichen Überlegungen zu sozialen Konventionen sowie Humes Diskussion der Tugenden.

Literatur:
Zur Anschaffung empfohlen: Hume, David: Ein Traktat über die menschliche Natur, Buch II u. III, Über die Affekte / Über Moral, Hamburg: Meiner 1978. Alternativ bzw. ergänzend empfiehlt sich die Anschaffung des englischen Originaltextes.

HS Pflichten gegen sich selbst (c, d, LA/S1)
Veranst.-Nr. 51050
DOR 24, 1.405; ab Mi., 25.04.07, wöchtl. 10-12 Uhr

Gibt es für Robinson auf der einsamen Insel irgendwelche moralischen Pflichten? Die vorherrschende Auffassung in der gegenwärtigen Moralphilosophie ist, dass Moral es ausschließlich damit zu tun hat, was Menschen einander (und allenfalls noch anderen Wesen) schulden. Dieser wesentlich interpersonellen Konzeption von Moral steht die in der Geschichte der Ethik von der Antike bis zur Neuzeit selbstverständliche Vorstellung von Pflichten gegen sich selbst entgegen: Seine Talente verkümmern zu lassen oder seine Gesundheit zu schädigen, um zwei Beispiele zu nennen, ist demnach nicht nur einfach unklug oder allenfalls schlecht für andere, sondern verstößt unmittelbar gegen eine moralische Pflicht. Die Diskussion um Pflichten gegen sich selbst ist in drei Hinsichten interessant: Zunächst ist sie ein fruchtbarer Ausgangspunkt für eine Klärung, worum es in der Moral überhaupt geht. Sodann werfen Pflichten gegen sich selbst eine Reihe wichtiger konzeptueller Fragen auf. Schließlich bietet das Thema die Möglichkeit, die bekannte Palette normativer Theorien aus einer unkonventionellen Perspektive zu vergleichen. In diesem Seminar wird es darum gehen, zu erkunden, ob sich entgegen der gegenwärtig dominanten Tendenz moralische Pflichten gegen sich selbst plausibel machen lassen. Ergänzend zu den drei genannten Aspekten soll auch diskutiert werden, welche Bedeutung die Möglichkeit von Pflichten gegen sich selbst für konkrete Fragen der Angewandten Ethik hat. Wir werden sowohl Texte aus der moralphilosophischen Tradition lesen als auch uns mit Argumenten aus der gegenwärtigen Ethik auseinandersetzen.

Literatur:
Die im Seminar behandelte und weitere Literatur steht ab Semesterbeginn in einem Handapparat zur Verfügung bzw. wird in der ersten Sitzung angegeben.