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Nachruf auf Christian Möckel (1952–2023)



Das Institut für Philosophie trauert um seinen langjährigen Mitarbeiter und Außerordentlichen Professor Christian Möckel.

Möckel gehörte dem Institut mit zwei kurzen Unterbrechungen mehr als 40 Jahre lang an. Anfang der 1970er-Jahre studierte er Philosophie im damaligen Leningrad. Nach seinem Abschluss kam er, zunächst als Assistent, an die Humboldt-Universität, die fortan seine Wirkungsstätte blieb. Hier wurde er für eine Arbeit über Max Adler und Karl Marx 1981 promoviert. 1989 folgte die sogenannte B-Promotion, die der Habilitation entspricht. Nach der deutschen Wiedervereinigung gehörte er zu denjenigen, die das Institut für Philosophie neu aufbauten und ausrichteten, noch bevor die ersten neuen Professoren aus dem Westteil Deutschlands berufen wurden. Ab dem Jahr 2000 war er dann im Rahmen verschiedener Drittmittelprojekte am Institut beschäftigt.

Möckels Forschungsinteressen waren weitgespannt. Er war ein ausgewiesener Kenner des Austromarxismus, insbesondere des Werkes von Max Adler, dem er seine beiden Qualifikationsschriften widmete. Später eignete er sich die Philosophische Phänomenologie an und wurde zu einem renommierten Husserl-Spezialisten. Sein drittes großes Forschungsfeld war die Philosophie Ernst Cassirers. Möckel hat die am Institut für Philosophie erarbeitete 17bändige kritische Ausgabe von Cassirers nachgelassenen Manuskripten und Texten (ECN) über drei Jahrzehnte begleitet und eigenverantwortlich zu Ende geführt. Im vergangenen Jahr konnte er noch den lange erwarteten Registerband fertigstellen. Seine Verdienste um die Cassirer-Forschung sind immens.

Christian Möckel war ein außerordentlich engagierter akademischer Lehrer und ein langjähriger Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Er hat Generationen von Studierenden und Promovenden auf intensive Weise betreut. Aus manchen seiner Schüler wurden Freunde. Sie sind heute über die halbe Welt verstreut und lehren ihrerseits in Italien, Portugal, Mosambik und Lateinamerika. Zu seinem 65. Geburtstag widmeten ihm die Schüler eine Festschrift. Bei einem Lehrer, der niemals eine ordentliche Professur innehatte, ist das durchaus ungewöhnlich.

Alles Laute und Grobe war ihm fremd. Seine distinguierte äußere Erscheinung entsprach voll und ganz seinem stets freundlichen, zurückhaltenden und ausgleichenden Wesen. Er war ein Gelehrter und Lehrer alter Schule, der niemals viel Aufhebens um sich selbst machte und daher nicht immer die Beachtung fand, die er verdient gehabt hätte. Am 6. August ist Christian Möckel überraschend verstorben.

 

Héctor Wittwer und Geert Keil